Beim Jungunternehmer*innen-Tag in Friedrichsdorf diskutieren junge Landwirte neue Standbeine und Einkommensstrategien für die Zukunft. Traditionell am
ersten Donnerstag im November kamen junge Landwirte beim Jungunternehmer*innen-Tag (JUT) in Friedrichsdorf zusammen. In diesem Jahr stand die Veranstaltung unter dem Thema „Nebenerwerbsmöglichkeiten in der Landwirtschaft.“ Organisiert vom Hessischen Bauernverband (HBV), der Hessischen Landjugend (HLJ), der Hessischen Landvolkhochschule und dem Landesverband Hessen für landwirtschaftliche Fortbildung, bot das Treffen wertvolle Impulse für Junglandwirte, die auf der Suche nach zusätzlichen Einkommensmöglichkeiten sind oder langfristig ein weiteres Standbein aufbauen möchten. Drei Referenten gaben dabei praxisnahe Einblicke in ihre Erfahrungen mit dem Nebenerwerb in der Landwirtschaft.
Karsten Schmal vom HBV begrüßte die Teilnehmer und sprach über die Bedeutung von Innovationsgeist und Tatendrang bei der jungen Generation. Er selbst habe einmal in einem Nebenerwerbsbetrieb gearbeitet und halte das Thema daher für „absolut spannend und zukunftsträchtig.“ Schmal ist überzeugt, dass die Landwirtschaft großes Potenzial für Junglandwirte bietet: „Man muss die jüngeren Leute auch mal machen lassen, weil ich glaube, dass sie sehr gute Ideen und Konzepte einbringen.“ Er ermutigte die jungen Landwirte, den Tag zu nutzen, um sich neue Ideen für ihren Betrieb anzueignen und in den Dialog mit anderen zu treten.
Lars Döppner vom Landesverband Hessen für landwirtschaftliche Fortbildung erinnerte daran, dass es gerade heute entscheidend sei, „über den Tellerrand zu schauen und sich in der eigenen beruflichen Ausbildung ständig weiterzubilden.“ Offene und vielseitige Qualifikationen seien das beste Fundament für eine erfolgreiche Zukunft in der Landwirtschaft.
Theresa Schäfer von der Hessischen Landjugend sprach über den stetigen Wandel in der Landwirtschaft und die Notwendigkeit, sich immer wieder auf neue Entwicklungen einzustellen. Weiterbildung und Austausch seien dabei entscheidend, um auf künftige Herausforderungen vorbereitet zu sein. Sie ermutigte die Teilnehmer, den Tag als Chance zu nutzen, um Kontakte zu knüpfen und sich von den Erfahrungen anderer inspirieren zu lassen.
Als erster Referent sprach Benjamin Beisecker über seinen Weg im Nebenerwerb. Mit seinem Kartoffelhof, einem Lohnunternehmen und seiner Außendiensttätigkeit bei der Raiffeisen hat er sich drei Standbeine geschaffen. Beisecker baut neben Kartoffeln auch Körnerfenchel an, ein Nischenprodukt, und hat seine Betriebsstrategie durch den Einstieg in Maschinengemeinschaften effizienter gestalten können. Darüber hinaus arbeitet er im Außendienst der Raiffeisen als Berater und Vertriebler. „Sechs Monate lang habe ich nur Klinken geputzt, um als junger Außendienstmitarbeiter Fuß zu fassen,“ erinnert er sich an seinen Start bei der Raiffeisen. Heute kämen die Kunden von selbst, und die aufgebauten Beziehungen seien wertvoller denn je.
Justus Beier berichtete anschließend von seinem Werdegang als landwirtschaftlicher Sachverständiger, inspiriert durch ein Studium in Gießen mit Schwerpunkten in Taxation und Steuerlehre. Justus Beier erklärte in seinem Vortrag, wie man öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wird. Er riet den Interessierten, sich zunächst beim Regierungspräsidium Kassel zu informieren. Dort gibt es eine umfassende Erstberatung, die viele grundlegende Fragen klärt. Der weitere Weg umfasst das Einreichen eines Probegutachtens und ein Fachgespräch vor dem Bestellungsbeirat. Nach erfolgreichem Abschluss dieses Prozesses
erfolgt die offizielle Bestellung und Vereidigung. Beier betonte, dass diese Tätigkeit sowohl Fachwissen als auch praktische Erfahrung erfordert. Heute berät er Betriebe, unter anderem bei Entschädigungen für Bauprojekte wie Radwege oder Leitungen, und führte anschaulich Beispiele von Folgeschäden an. Die Teilnehmer stellten ihm zahlreiche Fragen zu seinen Aufgaben und dem Werdegang als landwirtschaftlicher Sachverständiger.
Zum Abschluss präsentierten Valerie Kihm den Weg in den landwirtschaftlichen Nebenerwerb. die Direktvermarktung. Ihr Freund Marco Rohleder übernahm im Jahr 2022 den Familienbetrieb. Beide entschieden sie sich daraufhin, die Milchwirtschaft aus arbeitstechnischen und wirtschaftlichen Gründen aufzugeben und eine Mutterkuhherde der Rasse Angus aufzubauen. „Wir wollten die Ressourcen unseres Betriebs im Einklang mit der Natur nutzen,“ erklärte Kihm. Heute vertreiben sie ihre Produkte direkt über eine eigene Webseite und haben sich über die letzten Monate einen Kundenstamm von über 300 Personen aufgebaut. Bei den Kunden ist vor allem der Instagram-Account beliebt, auf dem das Paar Einblicke in den Arbeitsalltag liefern. Dieses Jahr ist die Edertal Angus GbR auf dem Weihnachtsmarkt in Bad Wildungen vertreten. Dort bieten sie Produkte wie Pfefferbeißer, Stracke, Rapsöl und selbstgemalte Postkarten mit Angusrindern an.
Die Veranstaltung bot den Teilnehmern vielfältige Impulse und zeigte, wie unterschiedlich sich Nebenerwerb in der Landwirtschaft gestalten lässt. Gerade die Themen Work-Life-Balance und die Möglichkeit, neue Betriebsmodelle zu integrieren, trafen bei den Junglandwirten auf großes Interesse.
Text: HLJ
Bild: HLJ