Hessische Landjugend e.V.

Presse

Agrarausschuss trotz Corona fleißig

 Obwohl aktuell nur sehr wenige Veranstaltungen stattfinden können, hat der Agrarausschuss der HLJ viel zu tun. Zukünftige Veranstaltungen wollen organisiert und vergangene Aktionen ausgewertet werden.

 

Anfang Juli trafen sich die Mitglieder des Agrarausschuss zur dritten Sitzung des Jahres beim Beisitzer Lukas Kersten. Nachdem die Getreidehalle und der betriebseigene Maschinenpark begutachtet wurden, konnten insgesamt 14 Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden.

Zunächst gab Agrarreferent Jannik Bräutigam Informationen und Einschätzungen zu aktuellen Themen in Landwirtschaft und Politik wieder. So berichtete Bräutigam zunächst von aktuellen Demonstrationen in Nordfriesland, bei denen Symbole der historischen Landvolkbewegung aus den 1920er Jahren aufgegriffen werden, und ordnete die historische, ebenso wie die aktuelle Bewegung politisch und gesellschaftlich ein. Die Landvolkbewegung der 1920er Jahre wurde ausgelöst von Themen, die heute auch wieder relevant sind. Damals fühlten sich viele kleine Bauern in Nord- und Westdeutschland von der Politik im Stich gelassen, weil diese sich vor allem für große Betriebe östlich der Elbe zu interessieren schien, weil die Wertschätzung für die Menschen auf dem Land stark zurück ging und weil man Zukunftsängste hatte. Aus den zunächst friedlichen Kundgebungen und Demonstrationen wurden jedoch schnell radikalere Aktionen, bis hin zu Steuerboykotten und Bombenaschlägen. Trotz gewisser inhaltlicher Überschneidungen arbeitete die Bewegung nie mit der NSDAP zusammen, im Gegenteil wurden die Köpfe im dritten Reich teilweise sogar in Konzentrationslagern interniert. Durch die thematische Nähe ist aber der Vorwurf, die Landvolkbewegung sei Wegbereiter für die Nazis gewesen, nicht ganz unbegründet. Dies zeigt sich auch in den Wahlergebnissen, die in den Hochburgen der Bewegung auch fast durchweg sehr positiv für die NSDAP ausfielen. Man sollte allerdings nicht gleich alle 500 Teilnehmer der aktuellen Demonstration in Nordfriesland in die rechte Ecke stellen, da Pflug und Schwert als Symbol auch von anderen Gruppen genutzt wurde und wird. Während einerseits die Idee der Bewegung gelobt wurde, wurde andererseits die gefährliche historische Nähe zum Nationalsozialismus kritisiert und die Mitglieder des Agrarausschuss waren sich einig, dass diese historisch belastete Symbolik unangebracht ist.

   Weiterhin Thema waren die Corona-Ausbrüche und damit verbundenen Schließungen der Schlachthöfe von Tönnies und Westfleisch und damit die Situation der Schlachtung und Fleischverarbeitung in Deutschland. Da Tönnies und Westfleisch zusammen etwa 24,4 Mio der knapp 55 Mio Schweine schlachten, die in Deutschland jedes Jahr geschlachtet werden, haben diese Schließungen natürlich immense Auswirkungen auf die Schweinefleischproduktion in Deutschland. So konnten und können viele Schweinemäster ihre schlachtreifen Schweine nicht verkaufen, da nicht genug Schlachtkapazitäten zur Verfügung stehen. Dies sorgt dafür, dass die Schweine zu groß werden und die Mäster Abzüge erhalten. Ebenfalls direkt beeinflusst wird dadurch der Schweinepreis, der, obwohl durch die Pandemie sowieso schon niedrig, seit dem Ausbruch bei Tönnies im Juni noch mal um knapp 20 ct auf 1,47 € gefallen ist. Weitere Probleme kommen auf die Ferkelerzeuger zu, die aufgrund der vollen Stelle und der Unsicherheit in der Branche ihre Ferkel nicht mehr los werden. Sauer stößt den Agrarausschussmitgliedern hierbei, dass in der öffentlichen Diskussion viele Dinge in einen Topf geworfen werden. Neben den schlechten Arbeits- und Wohnbedingungen der Arbeiter werden die Ausbrüche auch als Anlass für häufig unsachliche Kritik an der Tierhaltung und der Landwirtschaft allgemein genommen. Die Zustände in den großen Schlachtbetrieben werden vom Agrarausschuss ebenfalls als inakzeptabel eingeschätzt, sind allerdings auch die Folge aus den enorm hohen Ansprüchen, die für Schlachthöfe gelten und bei denen viele kleinere, regionale Schlachter nicht mehr mitgehen konnten.

Ebenso berichtete Bräutigam von der Änderung der Nutztierhaltungsverordnung im Bereich der Zuchtsauenhaltung. Hier hat wurden kürzlich vom Bundesrat umfangreiche Änderungen beschlossen, die vor allem das Deckzentrum und den Abferkelbereich betreffen. Verboten ist in diesen Bereichen künftig das grundsätzliche Fixieren der Sauen, lediglich während der Besamung und fünf Tage lang rund um die Geburt dürfen die Sauen noch fixiert sein. Weiterhin sind neue Mindestplatzanforderungen beschlossen worden, die so weit gehen, dass sie teilweise die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung überschreiten. Aktuell wird mit Umbaukosten von etwa 2000€ pro Sau gerechnet, was sicher den Rückgang der sauenhaltenden Betriebe in Hessen noch schneller vorantreiben dürfte. Im Agrarausschuss ist man sich einig, dass diese Entscheidung nicht zu mehr Tierwohl, sondern nur zu einer Verlagerung der Ferkelproduktion in Länder mit niedrigeren Standards führen dürfte.

Im Anschluss berichtete Bräutigam von den Rückmeldungen, die es zur Stellungnahme gab, die die Hessische Landjugend zum Bericht zur Lage der Natur und zur Bundestagsrede von Renate Künast (siehe Hessenbauer KW24/2020). Die Stellungnahme war an die Fraktionen des hessischen Landtages, sowie die hessischen Abgeordneten des Bundestages gesandt worden. Die Reaktionen reichten von erwarteter Zustimmung und Aufforderungen zur weiteren Betätigung über unerwartet konstruktiven Zusammenarbeitsangeboten bis zu Herabwiegelungen. Von einigen Fraktionen kamen bisher enttäuschender Weise keine Reaktionen. Während eine Abgeordnete des Landtages von unerträglichen Schuldzuweisungen sprach und der Landjugend zusicherte auch in Zukunft weiter für die Landwirtschaft zu kämpfen, rufen andere Fraktionen zum Dialog auf und wünschen sich Zusammenarbeit bei der Gestaltung der zukünftigen Landwirtschaft. Hier unterscheiden sich die Meinung von Landtags- und Bundestagsmitgliedern teilweise. Leider konnten von drei Parteien, teilweise mit Regierungsverantwortung, bisher keine Stellungnahmen entgegengenommen werden.

In den weiteren Tagesordnungspunkten wurde über den Stand der Planung bei den kommenden Veranstaltungen gesprochen. Zu nennen ist hier vor allem die Jungunternehmertagung am 5. November, bei dem es um verschiedene Vermarktungsmodelle gehen wird. Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Bauernverband und dem Verein für Landvolkbildung im Taunus Tagungshotel in Friedrichsdorf statt. Anmeldungen sind auf der Homepage der Hessischen Landjugend schon möglich. Ebenfalls im November sollte die Fachfahrt nach Bremen, mit dem Highlight Quotenfete in der ÖVB-Arena stattfinden, die aber leider abgesagt werden muss (Siehe dazu Meldung weiter unten). Darüber hinaus wurde der Organisationsstand zu den regelmäßig stattfindenden Bildungsdienstagen, zum Gespräch mit der hessischen Landwirtschaftsministerin Priska Hinz Anfang November und zum Berufswettbewerb im kommenden Jahr erörtert. Ebenfalls besprochen wurden Themen für zukünftige Arbeitssitzungen und Ideen für Projekte der Öffentlichkeitsarbeit in Form von Memes, die bereits in der Vergangenheit erfolgreich in den Sozialen Medien waren.

Ebenso berichtet wurde von vergangenen Veranstaltungen. So haben vor allem Sitzungen und Schulungen in den letzen Wochen digital stattgefunden, zunehmend werden aber auch wieder Präsenzveranstaltungen durchgeführt. Beispielsweise gab es Ende Juni, als Ersatz für den Junglandwirtelunch, der im Rahmen des Deutschen Bauerntag hätte stattfinden sollen, einen Webbrunch, bei dem über Betriebsdiversifizierung diskutiert wurde. Agrarsprecher Paul Groh berichtete zudem vom Landesagrarausschuss. Hier hat sich der neue Staatssekretär im Hessischen Landwirtschaftsministerium Oliver Conz vorgestellt und über seine Pläne, die große Veränderungen beinhalten, berichtet. Außerdem hat Dr. Birgit Straubinger, Abteilungsleiterin der Abteilung V: Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärwesen, ihre Einschätzungen zur Novelle der Nutztierhaltungsverordnung abgegeben und in diesem Bereich Schweden, Finnland und die Schweiz zu Vorbildern erklärt. Weiterhin wurde beim Landesagrarausschuss verkündet, dass die Zwischenprüfungen für Auszubildende in der Landwirtschaft ersatzlos gestrichen worden sind und, dass die in der Düngeverordnung festgelegten roten Gebiete noch einmal überarbeitet werden sollen.

Da die meisten Mitglieder in nächster Zeit sicher mit der Getreideernte beschäftigt sind, wird die vierte Agrarausschusssitzung erst im Spätsommer stattfinden. Bis dahin sollten auch die Planungen für weitere kommende Veranstaltungen besser einzuschätzen sein. hlj

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